Mittwoch, 4. März 2015
No - Name – Produkte: Widerspruch durch Schein
In meinem Verwandtenkreis ist eine Familie in Hürth bei Köln ( http://www.topspinshop.de ) großer Importeur /Exporteur von Sportprodukten mit Schwerpunkt Tennis. Wir diskutierten über Konditionen auf den Märkten. Denn die großen Differenzen fallen vielen Verbrauchern wie eine Art von Wunderwerken auf. Sind sie das?

Fakten:
Es gibt in jedem Wirtschaftsbereich Sortimente, die als „Premium-Produkt““ bezeichnet und hochpreisig für den Verbraucher gehandelt werden. Alle Marketingaktivitäten zielen darauf hin, einen qualifizierten Kreis von Verbrauchern, wenigstens, zu beeindrucken und sich entwickeln zu lassen, womit man in bestimmten Bevölkerungskreisen, vom Einkommen, vom Lifestyle, von der sozialen Kategorisierung determiniert, Identifikationen schafft.

Im Gefolge der Marketingziele gehört als beobachtbare Größe der Demonstrativkonsum dazu, das ist das, was „feine Leute“ erwerben. Nur für Insider erkennbar, wird darüber befunden, wer z. B. „in“ und „out“ gekleidet ist. Diese oder jene Premium-Marke bemüht sich als Markenpersönlichkeit, ein bestimmtes Image aufzubauen, um von den relevanten Verbrauchern sozusagen zum Kreis der „Hoflieferanten“ gerechnet zu werden.
Im Sport wird Marken - Leadership ganz simpel mit Siegertypen verknüpft und jede Berührung mit „Loser-Typen“ vermieden. Was zählt, ist für Opinion Leader das öffentliche Verhalten, der Auftritt, die Kleidung, die benutzte Marke von Weltmeistern und Olympiasiegern. Im Fußball in Deutschland werden die Personenkreise noch um eine Reihe von Bundesligahelden oder im Ausland kickende „Söldner“ als Opinion Leader ergänzt.

No-Name-Produkte sind Copies. Sie ahmen Premium - Produkte möglichst deckungsgleich nach. Der Verkaufspreis ist deutlich geringer, die Qualität kann dem Grundnutzen des Premium - Produktes durchaus wertgleich sein.
Wann greift der potentielle Kunde zu No - Name - Produkten?
Immer dann, wenn das interessierende Premium-Produkt in relevanten Personenkreisen im
• Ansehen der Verbrauchergruppe hoch angesiedelt ist, wenn der
• Besitz des Produktes allein schon (vermeintlich) Prestige verleiht, wenn der
• Erwerb jedoch wegen des hohen Verkaufspreises eine Barriere für eine Reihe von Konsumenten darstellt, weshalb
• jene Verbraucher zugreifen, die vom Ansehen zwar profitieren wollen,
• den Konsum des Original - Produktes jedoch nicht finanzieren können oder wollen.
Im Tennis wurde in Deutschland in jenen Zeiten, als Boris Becker und Steffi Graf auch modische Opinion Leader waren, ziemlich genau hingesehen, welche Outfits diese trugen. Das ist vorbei. Deutsche Tennisstars sind nicht in Sicht. Was kommt ist: Wandel.
Ferner:

Heute tragen nur noch die Väter - und die Großväter - Generationen „typische“ Tennis-Outfits. Bei den Frauen erscheinen als Outfits bei den Top -Ten - Spielerinnen eigenwillige, an reizvolle Unterwäsche erinnernde Kreationen zu den Wettkämpfen. Farbiger, femininer, frecher, lustiger, sexier. Der frühere, uniforme Charakter der Kleidung von Tennischampions: „Es gibt nur Weiß“, feiert nur noch in Wimbledon sein großes Tennis - Sommerfest, quasi als Reminiszenz an die Historie.

Aber auch der Fokus im internationalen Sport hat sich vielleicht ein wenig vom Tennis weg verschoben. Neben Golf sind andere, jüngere Sportarten im Fokus. Dort gelten ganz andere Regeln.
Daneben sollte die altersmäßige Veränderung der Gesellschaft (Stichwort: Soziografischer Wandel!) beachtet werden.

Fazit:

Einige Unternehmen geben den größten Teil des Marketinggeldes für Platzierungsvorteile aus. Andere sparen daran und geben diesen Vorteil über niedrige Preise an Verbraucher direkt weiter. Wer teuer kauft hat nicht unbedingt einen realen Wertvorteil. Er bezahlt das Image, ein teures Produkt erworben zu haben. Wer dafür gerne sein schwer verdientes Geld ausgeben will, mag das tun.
Besonders intelligent ist er aber ganz sicher nicht.

4.3.15
© Karl Wilhelm Goebel

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