Samstag, 8. September 2012
Tango über´m Abgrund...
Jemand schenkt sich Wasser in ein Glas ein, hört abrupt damit auf, weil das Geräusch, dieses gluck-gluck-gluck, sich wie das Rauschen eines Wasserfalls anhörte. So still war es zeitweise im vollbesetzten Raum; weil alle gespannt lauschten, damit sie auch nicht ein Wort verpassten.
Tango über´m Abgrund nennt sich das Programm, mit dem die Schauspielerin Sibylle Dordel und der Akkordeonspieler Thomas Denker im KulturKaffee Rautenkranz die Besucher in eine Welt der Worte und der Töne entführten. Der Titel suggeriert vielleicht etwas anderes; ein Programm rund um den Tango war es nicht. Der Tango steht als Synonyme für das Lebensgefühl, das er auch beinhaltet, das Grenzwertige, das am Abgrund der Gefühle stehende und nicht für den lasziven, erotischen Tanz.

Ein Tisch, vielleicht vor einem Hotel, eine Frau in einem braven Kostüm mit Topfhut sitzt daran, ein kleiner Koffer steht neben ihr. Sie redet. Manchmal mit dem Mann der auf dem anderen Stuhl sitzt und ein Akkordeon umgehängt hat. Sie spricht ihn mit Worten an, er antwortet mit Tönen. Leise, zarte, traurige und heitere. Manchmal spricht sie mit sich selbst, vergisst den Mann, das Publikum, ist ganz in die Verse versunken, die im ersten Teil alle von ihr selbst stammen.
Heiterer, ironischer und skurriler der zweite Teil. Szenen- und Kostümwechsel: Rotes Kleid, rote Schuhe, schwarze Stola- Tangomäßig. Denker improvisierte einfühlsam Melodien dazu. Wieder Texte von Dordel, „Komm, nimm mich wie ein Cello“ oder die Geschichte vom südschwedisch-en Rübenschwein, aber auch von Mascha Kaléko, Wilhelm Busch, Joachim Ringelnatz und Francois Villon.
Es gehört viel dazu aus wenig viel zu machen – Sibylle Dordel und Thomas Denker schafften das mit Bravour, auch dank der Regie von Dagmar Thole. Die Faszination des Wortes und die Emotionen der Töne: hier kamen sie voll zur Geltung.
Sibylle Dordel tritt oft im Kannappee in Hannover auf. Es lohnt sich.
Jürgen Zimmer

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