Samstag, 8. September 2012
Lustvolles Reisen oder doch nur "Urlaub"?
Das Wort „Urlaub“ kennt jeder Deutsche. Viele nutzen den Ausnahmezustand, der meistens im Hochsommer in der sonnenreichsten Zeit des Jahres liegt. Dann ist es im Lande zwar „schön warm“, die Sonne scheint, meistens: Man könnte die Natur in unserer, weltweit betrachtet: „gemäßigten Zone“, endlich wie ersehnt genießen...



Aber, das Wort „Urlaub“ hat eine mystische Zweitbedeutung, denn dahinter verbirgt sich eine rätselhafte Freiheit, eine durchaus irrationale Sehnsucht, die Deutsche dazu verleitet, per Campingwagen, Auto, Bus, Bahn oder Flieger das „Pflichten“ – land, das Heimatland, Haus, Garten zu verlassen, um, fern von zu Hause, bei anderenorts ebenso bestem Wetter, Berge, Wüsten, Inseln, Küsten, Strände zu suchen. Und Unterkunft schon mal in riesigen Übernachtungskästen zur massenhaften Unterbringung von Touristen, kleine Zellen, Appartements genannt, für ein paar Wochen in Besitz zu nehmen.
Früh am Morgen ergattert der Urlauber mit einem seiner großformatigen Badetücher eine Poolliege, die er mit der Tuchablage offensichtlich markiert. Der Platz wird zu seinen „Besitz“ für diesen Tag. Das Recht hat er vermeintlich, wie es heißt, mit bezahlt. Auch den täglichen Nahrungsverzehr, der sogar häufig blind, aber fast immer „all inclusive“ in einem heimischen, wohnortnahen Reisebüro oder gar im Internet gebucht und im Voraus bezahlt wurde. Die sonst übliche Handelsregel: Erst die Ware, dann das Geld, ist in diesem Business außer kraft gesetzt.
Was ging dem entwicklungsgeschichtlich voraus?
Urlaub, das ist jene „Frei - Zeit“, die in Deutschland (noch) ein in den Arbeitsprozess eingebundener „Arbeitnehmer“ für einige Wochen bei Lohnweiterzahlung im Jahr „genehmigt“ (Urlaub = mhd urloup, für Freistellung von der Arbeit) bekommt. Dann muss er wochenlang nicht zur frühen Rushhour seinen Platz einnehmen, um von „eight to five” seine dienende Pflicht zu erfüllen. Er ist „frei“, kann kommen und gehen wann und wohin er will. Und wie sehr er das möchte, drückt sich in der millionenfachen Akzeptanz durch Reisende aus, die Deutschland zum sommerlichen Ausreiseland Nr. 1 auf der Welt machen.
Andererseits sprechen Tourismusexperten davon, dass der Deutsche trotz seiner Reisefreudigkeit kei-neswegs zu jenen Menschen gehört, die fremde Sitten, fremdes Essen, fremde Gewohnheiten adaptieren wollen. Im Gegenteil. Es müssen die gewohnten Brötchen sein, Schnitzel so groß wie Eimerdeckel, deutsches Bier und jener Kaffee, den er von „Muttern“ her gewohnt ist. Dazu, wenn es geht, das „Zett-de - eff“ und andere deutsche TV – Programme, um auf dem „Laufenden“ zu bleiben. Gerne wird auch die örtliche Tageszeitung in den „Urlaubsort“ nachgesandt.
Die meisten Deutschen sind absolut keine Forschungsreisende. Sie heißen ja auch nicht Humboldt.
Amüsant wird es für Beobachter, wenn Rentner im Sommer nach alter Gewohnheit auf Reisen gehen und das Unternehmen dann „Urlaub“ nennen. Obwohl sie weder die Genehmigung brauchten, um, wie früher, vom Arbeitgeber rechtserheblich von Pflichten noch von Diensten befreit zu werden.
Einfach nur zu reisen, das scheint uns abhanden gekommen zu sein...
Dank TUI?
Schade.
Freitag, 7. September 2012
© Karl Wilhelm Goebel

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