Freitag, 31. August 2012
Angebracht. Anmerkungen zur Stadt
In spätmittelalterlicher Zeit, als Mitglieder der Familie Merian ihre stichelnden Künste auf die baulichen Fernansichten europäischer Städte lenkten und die vielen Blattdruckwerke dann verkauften, wurde den Forschern und Laien zur Gewissheit, weshalb die damals lebenden Menschen die „freie Stadtluft’“ auf sehr wenig Raum genießen mussten:
Ihr städtisches Gemeinwesen war von der Struktur her den Burgen nachempfunden, nur ein wenig größer, weiter, wie von einem breiten Bande von außen auf Schlankheit gepresst, durch Stadtmauern zusammen gehalten. Viele Steine im Verbund boten Hindernis den (bösen) Fremden. Dafür musste jeder Zipfel an Boden innerhalb der Mauerverläufe baulich genutzt werden. Selbst ein Marktplatz war vergleichsweise ein wenig großzügiger, aber dennoch sprichwörtlich stadteng. Inzwischen sind viele Citys großer Städte dagegen fast ohne Wohnbevölkerung.

Heute finden Touristen aus fernen Ländern in Europa überall diesen Siedlungstyp pittoresk, idyllisch, puppenstubenhaft, niedlich, lovely... Irgendwie komisch, denn ein wenig weiter, außerhalb der Mauerruinen, gab und gibt es überall freies Land. Man vermutet deshalb für damals planvolles Tun mit Handlungsabsicht der Altvorderen.
STADTVERDICHTUNG
Im Hauptort unserer heutigen Kleinstadt Burgwedel, an sich nur über adjektivischen Zusatz „groß“ zur Unterscheidung einer anderen Siedlung, die sich mit „klein“ bescheiden gibt, so genannt, existiert keine Stadtmauer. Beide Gebilde waren längst keine Stadt, sondern bäuerliche Ansiedlungen im „Lüneburgschen“, in der nahen Umgebung einer Verwaltung, Amtsvogtei genannt.
Derzeit findet hier, innerorts verbreitet, eine aktive, bauliche Stadtverdichtung wegen großer Wohnnachfrage statt. Damit wird zugleich der ökologischen Forderung nach nicht noch mehr Zersiedlung genügt. Oder steckt auch hier Planung dahinter, weil die spärliche Ausweisung von weiterem Bauland allen „Schon - Eigentümern“ hohe Bodenpreise sichert?
„ALTER PARK“
Anmutig ist der Zugang zum „Alten Park“ am Beginn der Thönser Straße vis-à-vis vom alten Friedhof, unter dem sich Viele eine prächtige Ausdehnung vorstellen, bevor sie mal dort waren. Tatsächlich ist es nur ein spärliches, grüngrasiges Gebiet mit einigen Altbäumen, das in den Annalen als Fläche eines „Resthofes“ bezeichnet wird. Es ist ein kostbarer, unbebauter Verbindungsstreifen, im Mittel 30 m breit und ca. 100 m tief, der zu den nördlichen Bruchwiesen führt. Naherholung als Funktion? Doch wohl kaum. Von seiner geringen Größe her erinnert vieles an einen bürgerlichen Privatgarten der zu den Gebäuden mit den Hausnummern 5 zu gehören scheint. Ein paar befremdliche Eye-Catcher werten die Anmutung keineswegs auf.
„DOMFRONTPLATZ“
Unweit gibt es ein Kuriosum: Da ist angeblich ein „Domfrontplatz“. Ein Platz der keiner ist. Er brauchte keine Hausnummern, denn an ihm gibt es keinen „Anlieger“. Der Interessent sucht den Platz als Verbreiterung vergeblich, denn seine Ausdehnung zwischen Ampelanlage, Restaurant, Fußgängerzone, Parkplatz und einem Funktionsungetüm, das ein Stromversorger ins Stadtbild presste, ist überhaupt nicht vorhanden und deshalb, logisch, nicht zu finden. Als signifikante Maßnahme wurde vor ein paar Jahren eine übergroße Straßenlaterne errichtet. Wohl als Träger für ein Straßenschild. Zu diesem Zwecke sagt es dem unvorbereiteten Spazierer wie ein historischer Hinweis: „Hey, hier war ich doch!“ Der Besucher denkt, klar, warum sollte ein „Platz“ auch stets ein Platz sein... Es könnte sich ja auch um ein „Planungsfake“ handeln, den sich spaßige „Comedians“ heute im TV öfter leisten. Da der Platz ein Symbol für die Tiefe und Weite der Beziehung zum französischen Partnerstädtchen Domfront sein wollte, so wird berichtet, scheint der Platz ein echtes (?) Äquivalent in Deutsch zu sein. Aha! Oder peinlich?
Außerorts geht es auf ganz andere Art weiter:
„WÜRMSEE“
Der sog. Naherholung dient hier laut Plan eine landschaftstypische, (an-)moorige Fläche, die fälschlich als „Würmsee“ bezeichnet wird. Am vergangenen Donnerstag standen (nicht etwa: schwammen!) in dessen Mitte nach dem Starkregen in der Nacht, zwei Vögel... Nein, nein, der liebe Gott hatte ihre Art mit keineswegs besonders langen Beinen ausgerüstet...
1. Dieser „Würmsee“ ist kein „See“ (mehr), war auch nie einer, sondern allenfalls ein
2. Teich mit seiner Wasserausdehnung (von Wassertiefe ist nicht mehr zu reden) von heute kaum noch 50 - 100 m und
3. ist seit Jahren eine so große Verlandung eingetreten, dass man dort vielleicht noch von einem Feuchtbiotop sprechen könnte.
Naherholung?
Die finden die wenigen Spaziergänger auch an anderer Stelle in der an Hermann Löns erinnernden Umgebungsnatur ohne wirkliche Highlights. Jedenfalls sind die ungepflegten, unwirtlichen Kneipentische und Bänke am Schilfrande des früheren Gewässers reichlich vermoost. Offenbar haben die dortigen Bediensteten der ausbleibenden Nachfrage schon vorauseilend entsprochen.
Stadtplanung ist die eine Sache.
Das wirkliche Stadtleben aber doch was anderes...

Freitag, 31. August 2012
© Stadtkieker

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