Donnerstag, 4. Oktober 2012
„DER BUNDESPRÄSIDENT“ gem. Art. 54 GG ff.
Immer noch unser Thema.
So ein Kaiser im vollen Ornat, ein König mit Krone, ein hermelinverzierter Zar oder gar der Papst...Tja, das sind mächtig wirkende, manche götternah anmutende Überpersonen. Wir, die Deutschen, müssen auf solchen Glanz allerdings in der neuen Zeit verzichten.
Stattdessen haben wir seit dem 23. Mai 1949 einen Bundespräsidenten, dessen Profil zuvor vom Parlamentarischen Rat speziell designt wurde, um künftige Erfahrungen, wie mit der Weimarer Verfassung und Paul von Hindenburg, nie wieder machen zu müssen. „Der Bundespräsident“ ist in jedem Falle ein Mann, denn Abschnitt V GG ist mit „Der Bundespräsident“ überschrieben. Eine weibliche Alternative, wie bei den Briten, wo sich das Volk im Liede wünscht: „God save the Queen...“, so fortschrittlich ist unser Grundgesetz nun leider nicht. Derzeit wird Deutschland von seinem 11. Staatsoberhaupt repräsentiert. Sämtliche Amtsinhaber waren bzw. sind männlich,
Das aus der Personalwirtschaft bekannte Anforderungsprofil ist andererseits inhaltlich – gewollt oder ungewollt - äußerst bescheiden: Der Bundespräsident muss nicht einmal einen Schulabschluss haben, keinen erlernten Beruf oder wenigstens den Bachelor vorweisen, braucht keinen Doktortitel und erst recht keine Professur. Erforderlich ist auch nicht ein Siegertyp, der seine Qualifikation durch wenigstens eine Bronzemedaille, erworben bei olympischen Sportspielen, belegt. Ein eloquent daherredender „Politiker“ braucht es auch nicht zu sein. Zur Wahl dürfen sich Schauspieler, Sänger, z. B. aus der Sendung „Superstar“, Gaukler, Seiltänzer, Moderatoren, Berufssurfer oder Hartz IV – Empfänger stellen. Einzige Bedingung: Sie besitzen das Wahlrecht zum Bundestag. Und: Der gewählte Bundespräsident muss mindestens das 40. Lebensjahr vollendet haben. Wer sich also nach dem 41. Lebensgeburtstag zur Wahl stellt, kann im Prinzip gewählt werden. Reichtum, Besitz einer imponierenden Villa, großes Auto oder ähnliche, den „Mann von der Straße“ beeindruckende Attribute sind nicht darzulegen. Schön demokratisch also. Keine Rede ob verheiratet, Single, ein wenig oder ganz schwul, verwitwet oder „nur“ Hausmann. Wenn der Kandidat den Erfolg wirklich wünscht und sich der Mehrheit in der Bundesversammlung sicher ist, dann... Aber, das ist der Knackpunkt.
Wer hat da schon Chancen...Eben. Parteienproporz, Wählerstrategien, Absichten. Gunstbezeugungen, alles das wird über die Bundesversammlung zum Tragen kommen. Können.
Sollte der Bundespräsident verheiratet sein, für seine Frau gibt es kein Amt, keine „Stellung“ von Amts wegen. Sie hat nicht mal einen Familienangehörigen – Teilzeitjob. Man kann ihr zwar nicht verbieten, zu arbeiten, wovon bisher allerdings nur eine einzige Gattin Gebrauch machte. Man könnte meinen, da verwirkliche sich das alte Familienbild von den drei „K“s (Kinder, Küche, Kirche) für Frauen, mit dem sich die Präsidentenfrau zu beschäftigen habe. In der überwiegenden Mehrheit sind sie in Ehrenämtern erwerbsfrei aktiv und tun immer nur Gutes. Ansonsten müssen sie sich aufs Repräsentieren verstehen, was bedeutet, dass sie sich schön anziehen, hoffnungsvoll gucken und ab und an etwas Geistvolles rezitieren.
Bettina Wulff, die jüngste Gattin aller Zeiten, lernte die Grenzen dieser Erwartung kennen, denn sie wurde von der Presse manchmal als sehr jung (treffend) schön (auch zutreffend) oder hübsch (mindestens), stets jedoch als glamourös bezeichnet, durfte aber längst nicht jede Kreation tragen, weil die Journalisten gern ihre eigenen Geschmäcker in die Medien einbringen, auch wenn Modeschöpfer deren Auffassungen längst nicht immer teilen...
„Der Bundespräsident“, das ist ein total maskuliner Job, der riecht nach Männerschweiß, für Frauen nicht erlaubt, den nur die stärkere Hälfte der Bürger anstreben kann. Ausführen kann ihn letztlich aber nur ein Einziger. Die Trophäe hängt hoch. Deshalb bewerben sich auch so wenige, realistisch denkende Männer für dieses Amt und bleiben lieber, zum Beispiel, nach Eignungsprüfung Schwimmmeister im Hallenbad oder Schrankenwärter bei der Bahn. Ob es den Posten bei der Bahn überhaupt noch gibt?

03. Oktober 2012
© Karl Wilhelm Goebel

NS:
Das Bundespräsidialamt weist mich mit Schreiben vom 4.10. auf die "geschlechtsunabhängige" Funktion des "Der Bundespräsident" hin und betont, "so weit ersichtlich" gebe es zu dieser Frage weder Kommentare noch Rechtsprechung...
Also: Denken wir es für den Fall einer "In" geschlechtsverdreht. Ehrlich gesagt: Etwas gewöhnungsbedürftig wäre das schon...
Ob dann der Gatte am internationalen Damenprogramm teilnähme??? Und seine smarte Kleidung von der Männerpresse diskutiert würde?
Träfen die sich bei Sahnetörtchen und Milchkaffee?
Denkt doch auch mal darüber nach...Es geht wirklich alle an.
6.10.2012
(c) kwg

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