Donnerstag, 5. April 2012
Aufgeregtheiten über einen "old man"
Günter Grass hat bisher willentlich geschwiegen. Sagt er. Trotz der gefühlten Verantwortung, die humanitär von besserem Wissen bestimmt wird.
Aber, - da nennt er sein Deutschsein, seine jugendliche Mitgliedschaft in der SS und auch sein heute hohes Alter, in welchem er glaubt, mit "letzter Tinte" dann doch etwas schreiben zu müssen:
Für eine zuverlässige atomare Kontrolle aller bedrohten und drohenden Länder.
Was ist daran so explosiv?
5. April 2012
Karl Wilhelm Goebel
http://www.sueddeutsche.de/kultur/gedicht-zum-konflikt-zwischen-israel-und-iran-was-gesagt-werden-muss-1.1325809:
8.4.2012:
Ohne weiteren Kommentar:
http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/buecher/Israel-erklaert-Grass-zur-Persona-non-grata/story/29362583
10.4.2012
Eine ganz andere Stimme erwähnt zum Beispiel, dass Deutschland unter den Waffenexporteuren der Welt den 3. Rang einnimmt...!!!
http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=16571
und nun noch Marcel Reich-Ranicki über Grass:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/das-israel-gedicht-von-grass/marcel-reich-ranicki-ueber-grass-es-ist-ein-ekelhaftes-gedicht-11710933.html

17.4.2012:
Noch eine Stimme: Jakob Augstein im Spiegel online
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,826163,00.html

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Persona non grata
Nun hat der Staat Israel ihn auch noch zur unerwünschten Person erklärt und ihm die Einreise untersagt. Ist das nicht zuviel der Ehre? Ist es! - es ist einfach popolistisch. Ein souveräner Staat Israel kann diese Kritik aushalten, gerechtfertigt oder nicht.

Eines muss man Günter Grass lassen: er hat der medialvernetzten globalen Welt gezeigt, dass ein 85jähriger Pfeifenraucher mit einem altmodischen, schon fast antiquarisch anmutenden Medium, nämlich der Zeitung, in seinem Fall drei, die "Süddeutsche", die "New York Times" und die italienische "Republicca", und einem 69-Zeiler die Welt in unerwartete Schwingungen versetzen kann.

Worum geht es in seinem Gedicht, dass keines ist?
Er fragt sich selbst warum er nicht schon früher (wann?) seine nobelgepreiste Stimme erhoben hat. Und er beantwortet sich seine Frage auch selbst, ungefähr in der Mitte des Textes: "Weil ich meinte, meine Herkunft, die von nie zu tilgendem Makel behaftet ist, verbiete, diese Tatsache als ausgesprochene Wahrheit dem Land Israel, dem ich verbunden bin und bleiben will, zuzumuten".
Nun wissen wir warum. Okay- seine Sache, könnte man sagen, ohne irgendjemand zu nahe zutreten.

Weiter geht es um ein U-Boot, nicht irgeneines, nein, eines zuviel, dass seine und unsere Republick zum Vorzugspreis (seit jeher Praxis gegenüber Israel , eine spezielle schlagkräftige Wiedergutmachung) liefert. Seine Besonderheit: es kann auch Raketen mit Atomarem Sprengkopf verschießen.
Das stört Grass. Warum auch nicht. Das muss jeden Pazifisten stören.
Und dann stellt er das "behauptete Recht auf den Erstschlag" in Frage und macht den Fehler Mahmud Ahmadinedschad als Maulhelden zu bezeichnen. Bloß als Maulhelden, als einen den man nicht ernst nehmen muss, über den man schmunzeln kann, der zwar sein Volk unterdrückt, aber ansonsten keine ernsthafte Gefahr darstellt?
Das ist sicherlich eine Fehleinschätzung. Der Mann ist mehr als ein Maulheld. Solche anerkennungs-süchtigen, eigentlich verunsicherten, im Sinne von nicht souverän, Männer haben schon einige Male die Welt ins Unglück gestürzt.
Aber rechtfertigt das einen Erstschlag? Man darf, wie Grass es gatan hat, das in Frage stellen. Israel ist schon lange eine Atommacht und geht damit verantwortungsbewusst um. Ob der Iran unter der jetzigen Führung das tun würde, wenn sie denn eine Bombe hätten, darf durchaus angezweifelt werden. Ein Staatschef der das Existenzrecht Israels wie auch den Holocaust leugnet, ist eine permanente Gefahr für das kleine Land.
Trotzdem- reicht das für einen Erstschlag? Man kann, muss aber dieser Einschätzung nicht zustimmen.

Grass will mit seinen Zeilen die Welt aufrütteln. Ein Aufschrei für den Weltfrieden, ein Vermächtnis mit "letzter Tinte" geschrieben. Er darf so was, er ist Literat.
Grass sagt, was er meint sagen zu müssen und erstaunlicherweise hört die Welt sehr genau hin. Jeder, auch Israel und die Juden in der Welt wissen, dass Grass kein Antisemit ist. Wiegen deswegen seine Worte mehr?
Grass macht das sehr geschickt. Zuerst nimmt er sich zurück, bevor er Anlauf nimmt. Ich bin Israel verbunden und will es bleiben, schickt er voraus und fragt unbeholfen, ob er denn überhaubt Kritik üben darf, was er ja in dem Moment der Fragestellung schon für sich entschieden hat.

Und dann fragt er ob die Atommacht Israel den Weltfrieden gefährdet. "Gealtert und mit letzter Tinte" fragt er das. Er macht sich klein und verweist auf sein fortgeschrittenes Alter, die schwindende Kraft, die ihm gerade noch erlaubt mit letzter Tinte die Zeilen zu verfassen. Mit anderen Worten: ich ein armes Sünderlein, drum haut nicht so fest auf mich ein.
Um es auf den Punkt zu bringen: Nicht Israel gefährdet den Weltfrieden, sondern Männer wie Ahmadinedschad. Insofern irrt Grass. Dennoch darf er fragen. Denn nur wer fragt, bekömmt auch eine Antwort. Und die hat er ja nun bekommen.

Aber ist das die Aufregung wert? Ich meine Nein. Die israelische Regierung reagiert wie eine Jungfrau, der ein alter Lustmolch unter den Rock fasst. Und wir in Deutschland meinen unisono die Jungfrau beschützen zu müssen. Israel hat schon lange seine Unschuld verloren, ist ein Staat wie jeder andere. Basta.
Johann I.

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