Samstag, 17. August 2013
Marx, Karl, ein Blick zurück. Und nun?
Wir Heutigen schauen auf das ausgehende 19. Jahrhundert und bemerken in dieser Zeit politische, militärische und wirtschaftliche Konzentrationen. Karl Marx sollte damals mit seiner dialektischen Geschichtsbetrachtung, die er von Hegel übernommen hatte, Revolutionen anstoßen bzw. auslösen.
Er stellte nicht auf den Geist als Verursacher der sozialen Entwicklungen ab, sondern auf die materiellen Verhältnisse, in denen die Menschen leben (Dialektischer Materialismus) und benannte diese als Gründe für die wahren Ursachen der kritisierten Verhältnisse.
So könnte ein Gelehrter Ergebnisse seiner Forschungen als Hypothesen zusammenfassen. Ein moderner Soziologe oder Politologe müsste sich gefallen lassen, nach den Beweisen für diese (nur!) Hypothese intensiv befragt zu werden. Allein, das wäre nicht genug, denn die kühne Behauptung müsste in die Zukunft extrapoliert werden, um als Anhaltspunkt, als Richtschnur, für Politik mit futuristischer Wirkung anerkannt zu werden. Stattdessen begnügten sich die Zeitgenossen mit einer Übernahme der Thesen und wollten sie zu Grundmauern für eine „schöne, neue Welt“ benutzen, was später gründlich misslang.
Ob die Marx’schen Thesen richtig oder falsch waren interessiert heute nur noch Historiker, ja, die Frage mag heute sogar unbeantwortet bleiben.
Kurz zu erwähnen ist jedoch die Marx’sche Lehre vom Mehrwert, mit der er die auswegslose Lage des Proletariats in der kapitalistischen Gesellschaft zu beweisen versuchte. Einer der Lehrsätze lautete, der Unternehmer verwende den größten Teil des erzielten Gewinns, um neue Produktionsmittel zu schaffen, was letzten Endes zu einem heillosen Konkurrenzkampf aller gegen alle führe, weshalb es besser sei, auf gemeinsames Eigentum zu setzen.
In den späteren Jahren des 20. Jahrhunderts mochten sich die Gewerkschaften dennoch mit diesem Teil der Forderung nicht ernsthaft über realistisch mögliche Umsetzungen befassen.
Hat Marx die Entwicklungen – zumindest bis heute, 2013 - richtig vorhergesehen?
Antwort: Nein.



Marx meint, der Kapitalist verwende Teile des generierten Mehrwertes für neue Produktionsmittel. Dabei unterstellt er, dass der Besitz von „Produktionsmitteln“ eine „Macht“ begründet, die sich z. B. bei Lohnverhandlungen zu Ungunsten des Proletariats auswirke. Seiner These kann nur folgen, wer eine Mangelwirtschaft mit viel Nachfrage und wenig bis kein Angebot unterstellt. Wir leben aber, unwidersprochen, in einer „Überflussgesellschaft“ in der nicht das Herstellen Teil der „großen Kunst“ ist, sondern der Absatz am Markt.
Hinzu kommt die fast totale Verlagerung der (schmutzigen) Industrieproduktion einschließlich der Arbeitsplätze in die meistens asiatischen, geografischen Räume. Unterstützt wurden diese Trends durch das Internet und die entwickelten Containerschiffe, die riesige Quantitäten von Produkten zu relativ günstigen Preisen in akzeptabler Versandzeit über die Weltmeere auf Reisen schicken.

Die von Marx unvorhergesagte, technische Entwicklung in allen Industrien ist seit der Erfindung und der
Weiterentwicklung der Computertechnologie inklusive Internet so weit gediehen, dass nicht mehr die Arbeitskraft von Arbeitern die Entwicklung fördert oder verhindert.
„Arbeiter“ und damit das Proletariat sind für die Produktionsprozesse sogar weitgehend marginal geworden. Die von Marx richtig erkannte „Überproduktion“ in fast allen Industriebereichen stößt an andere Grenzen. Es sind der Input an Rohstoffen, deren exorbitante Preisentwicklungen, der zwangsläufige Output an Schadstoffen, der hitzige Verbrauch von Recoursen, der sich fortlaufend verschlechternde Zustand der biologischen Umwelt und die Gesundheit der Tiere und Menschen. Davon betroffen sind vornehmlich die real produzierenden Länder, das immer noch mangelhafte Recycling, die „preiswerten“ Schiffstonnagen, die Abnahmegrenzen der Märkte und die Dualisierung der Wirtschaftswelt in Länder mit relativ vielen, wirtschaftlich befähigten und motivierten Warenabnehmern und andererseits solchen, die bei der Warenverteilung mangels Geldverfügung keine marktrelevante Rolle spielen.

Während der Arbeiter als (zumindest) „mitproduzierender“ Lohnfaktor eine immer geringer werdende, oft bis gegen 0 gehende Bedeutung erhält, wird er als Besitzer von Kaufkraft dennoch gesucht.
Da die Einkommensquelle Arbeit jedoch in den meisten Fällen allein die Existenz der meisten Menschen sichert, sichern muss, sind in diesem wirtschaftlichen und sozialen Spannungsfeld die weltweiten Probleme von morgen zu orten.

Karl Marx hat darauf keine Antworten. Und der Sozialismus einschließlich der Sozialdemokratie ebenso wenig.
Ein sehr ernst zu nehmender Denkanstoß kommt vom „Bedingungslosen Grundeinkommen“, das sei gesagt, auch wenn Viele das nicht gern hören.

Nachdenklich.
Samstag, 17. August 2013
© Karl Wilhelm Goebel

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