Mittwoch, 27. März 2013
732 n. Ch. Pferdefleisch- Verzehrverbot von Papst Gregor III. , Christianisierung,
die Sachsenkultur: Pferdeköpfe als Götter - Opfer an die Häuser zu nageln…Karl der „Grosse“ nach 799 n. C. im östlichen Westfalen und westl. Niedersachsen (Cheruskerland)

Empfehlung:
Man liest diesen Aufsatz - am zuträglichsten schmunzelnd - wie eine gigantische Marketingstrategie der schlauen, frommen oder frömmelnden Christenlenker in Rom...
Ja, gemeint ist der Vatikan!

Ich zitiere aus einem Beitrag von Dieter Schnell (Siddinghausen, Geschichte eines westfälischen Dorfes, Beitrag: Die Entstehung eines Pfarrortes in der legendären und urkundlichen Überlieferung, Bonifatius-Verlag, Paderborn, 2000, S. 57)

„…Die strengen, in „Capitulatio de paribus Saxonibus” (s. auch Wikipedia) als Rechtsvorgaben bestimmten Maßnahmen Karls des Großen, die unter anderem die Todesstrafe für all diejenigen vorsahen, die die Taufe verweigerten, schufen nunmehr die Voraussetzungen dafür...”
Zunächst glaubte ich, mich verlesen zu haben. Doch dann...Ich vermute, der Leser wird diese wahre Botschaft mit ihrem schockierenden Inhalt gerade heute, bei unserem Kulturverständnis ebenfalls für beinahe unglaublich halten. Wir sind doch durch Erziehung und Überlieferung gewohnt zu meinen, die damalige (christliche) Missionierung sei eine kunstvolle, kultivierte Leistung gewesen. Und das mit dem Ergebnis der Einsicht in die “bessere Religion”, erfolgreich ausgeübt von gut organisierten Franken an wilden Sachsen (sax), also an Beil – Trägern, in der norddeutschen Tiefebene und den südlichen, mittelbergigen Randgebieten.

Tatsächlich überzeugte, welch ein Ammenmärchen wurde uns stets aufgetischt!, nicht das “Wort Gottes”, denn es bedurfte keiner Überzeugungsarbeit, sondern der bloßen Königsgewalt! Die Tötungsandrohung vom Frankenkönig zeigte gewünschte “Bekehrungsergebnisse” zum beglückenden Christenglauben. Da der Papst, Gregor III, ein geborener Johannes aus Syrien, im Jahre 732 das Verbot, Pferdefleisch zu essen, ausgesprochen hatte, waren es die wehrhaften Mannen um Karl, deren Aufgabe es u. a. war, die Einhaltung dieser Vorschrift im Lande der Sachsen zu überwachen. Es traf die Sachsen. Erstarrte Gesichter.
Manche Forscher sehen in den hölzernen (symbolisch gekreuzten?) Pferdeköpfen an hiesigen Fachwerkhäusern eine volksreligiöse (heimliche?) Ersatzhandlung, welche an die in Vorzeiten üblichen Riten anknüpfte, geschlachtete Pferdeköpfe als Opfer für die Götter öffentlich auszustellen.

Kaum jemand kannte damals Gregor, einen fernen Papst. Karl jedoch war als handelnder Beherrscher und König erlebbar. Nur er ging im deutschen Norden in die Geschichte als Verbreiter des neuen Pferdekults ein, auf diese Nahrung zu verzichten. Inzwischen trifft seine Aktitivität auf modernen Geist, denn diejenigen, die im Pferd kein “Nutztier für Nahrungszwecke ”, sondern ein “geliebtes Haustier” sehen, das vom Verzehr ausgenommen ist, nimmt jetzt sogar für alle Tiere zu. Damals führte der Gehorsam zu einem Bekenntnis für jenen Glauben, der später Katholizismus genannt werden sollte.

Diese Tatsache müsste, mehr als 1.200 Jahre später, Millionen Kirchensteuerzahler, zumindest maßvoll, ärgern, ihre eigentlich nur durch Abstammung von den eingeknickten Vorfahren inklusive naiver Kindstaufe (Ist das so viel anders als die Zwangsheirat in anderen Kulturkreisen? )herbeigeführte Kirchen - mitgliedschaft, die für moderne Juristen eine Reihe von schwerwiegenden Rechtsmängeln aufweist, wäre sie überhaupt einmal, tabulos, infrage gestellt worden. Es bedürfte dafür nicht einmal eines “Verfassungsgerichtshofes”.
So bleibt ein großes Fragezeichen in Sachen Legalität, Legitimität und ein undurchsichtiger Background für Fragen nach der Funktion und den Grenzen von Macht und Herrschaft überhaupt. Mit unserem heutigen Verständnis von Recht und Ordnung können wir die damaligen Verhältnisse nicht zureichend verstehen.
Die Sachsen lebten in goßfamiliären Verbänden, in Krisenzeiten unter einem Führer. Die Franken kamen unter ihrem König, Karl (dem Großen), als kriegerische Eroberer ins Land. Die Sachsen mussten miterleben, wie ihre ehemaligen Führer entweder (seltener) getötet oder zu Vasallen des mächtigen Mannes aus dem Westen wurden. Die ließen sich vielleicht überwiegend widerstandslos taufen und zählten fortan zur privilegierten Schicht von Christen.
Karl begründete seine Herrschaft zu keinem geringen Teil mit seinem Charisma: Er verlangte Gehorsam. Den bekam er, wenn auch sicherlich ganze Gruppen heuchelten und nicht wenige aus materiellem Eigeninteresse das neue “Spiel” mitmachten.
Das anfangs fremde Ritual der Taufe wurde von Generation zu Generation weiter ausgeübt, von “Geistlichen” begründet, mit dem höherern Wesen, das jetzt einen einzigen Namen (anders als die bisherigen Germanengötter) hatte, auf mystische Weise verbunden.
Pferde wurden auf neue Weise und anders angesehen...
Wer fragte Jahre und Jahrzehnte später noch nach den näheren Umständen, zum Beispiel der Freiwilligkeit eines Rituals, der Taufe, bei den Vorfahren der ersten christlichen Generation? Legenden bildeten sich, Nebel legte sich auf die mündlichen Überlieferungen. Schließlich wusste man verbreitet: Geduldete Unfreiwilligkeit gab es den Legenden nach bei Unterwerfungen und bei Sklaven! Und die wurden unsere Germanen nicht.

Herrschaft aber beeinflusst die sozialen Beziehungen. Wert oder Unwert eines Befehls hängen eng mit dem Ansehen des Herrschers zusammen. Die eroberten Landesteile wurden neuen Lehnsherren von Karls Gnaden zugedacht. Klar, wie die künftig zur Frankenherrschaft standen.

Die Amtsgeschäfte erhielten regelgebundene Vorgehensweisen: Amtshierarchien, Bistümer, Klöster und Kompetenzen waren verteilt und Zwangsmittel für Nichteinhaltungen wurden benannt.

Zurück zu den Zwangstaufen:
Nach demokratischem, modernen Rechtsverständnis wurden die Zwangsgetauften keine Christen, denn sie hatten dies weder freiwillig gefordert, auch nicht in Freiheit zugelassen, sondern in Abwendung der Lebensbedrohung nur geduldet. Ihre geheimen, inneren Vorbehalte wurden weder gehört, noch abgefragt, so dass für die Nachkommenschaft nur der Augenzeugenbericht blieb, nach welchem es hieß, ja, der X hat sich am Tag Y im Ort Z der fremden, neuen (Tauf-) Zeremonie unterzogen. Nun rechnete die Gemeinschaft ihn und jetzt auch seine Nachkommen im Sinne des Bestimmungsrechtes eines Hausherrn (Patron) als Mitglied zur christlichen Kirche, deren Hüter bekanntlich Karl war. Kollektivzwang war entstanden. Der hielt sich noch im letzten Jahrhundert in vielen Orten unseres Landes...
Allerdings könnte man heute berechtigt und ruhestörerisch argumentieren, dass die in den Familien erstmalig Getauften den Zutritt in die christliche Relionsgemeinschaft nicht wahrhaftig und auch nicht rechtsgültig vollzogen hatten. Und deren Nachkommen keine abgeleiteten bzw. überkommenen kirchlichen Rechte besäßen. Doch wer so argumentiert, übersieht die Raffinesse, mit der seither dieser Mangel dadurch geheilt wird, dass jeder Christ der Kirche nur dann angehört, wenn er, schnell nach der Geburt, auf Wunsch seiner Eltern getauft wurde, mit Taufpaten, die als Zeugen benannt sind und den Eltern treuhänderisch für ihren “Taufling” darüber eine Urkunde ausgehändigt wurde. In den Kirchenbüchern ist der Eintrag seit dem 17. Jahrhundert Pflicht und heute auch Tradition.
Welche Bedeutung eine solche Dokumentation sogar noch im vorigen Jahrhundert für einen Ostpreußen hatte, beschrieb Siegfried Lenz 1955 anrührend und einfühlsam in seiner “Liebesgeschichte” um den wortkargen Holzfäller Josef Waldemar Grizzan aus Suleyken in Masuren. Aber, das ist eine andere Geschichte...


Mittwoch, 27. März 2013
(c) Karl Wilhelm Goebel

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