Samstag, 16. November 2013
Burgwedel und sein städtischer Charakter
Die meisten Städte in Deutschland haben eine bis ins Mittelalter reichende Geschichte. Sie gehen zurück auf kaiserliche Verfügungen und landesherrliche Vorrechte und führten damit zu einer „Erhebung“ mit Privilegien. Dominierend war früher das Marktrecht. Die Ursprünge für diese Entwicklungen kommen aus Italien und orientierten sich an der Selbstverwaltung römischer Städte.

Burgwedel ist eine sehr junge Stadt, die ihre dörfliche Herkunft selbst auf Fotografien nicht verleugnen kann. Das soll heißen: Die Ortsteile waren noch in der jüngeren Vergangenheit (früher gab es keine Fotoapparate!) keineswegs städtisch. Die erste städtische Spur ist wohl die damalige Straßenbahnlinie, deren Schienen aber längst wieder entfernt wurden.
Stadtbilder werden von meistens bedeutenden Gebäuden geprägt. Sie formen den Charakter einer Stadt nicht unwesentlich. Da muss man nicht auf den Kölner Dom, das Brandenburger Tor für Berlin, den Tower für London, den Eiffelturm in Paris oder die New Yorker Freiheitsstatue zugreifen.
Gerade kleinere Städte in Deutschland, in dem es früher einmal 107 selbständige Territorien gab, haben meist sehr eigenartigen Städtebau und typische, charakteristische Gebäude, wie in Celle die vielen Fachwerkhäuser, das Schloss, das Rathaus usf. oder in Goslar die Kaiserpfalz und in Hildesheim ist es u. a. ein Dom.
Ok. Burgwedel ist eine kleine Stadt. Die Gemeinde erhielt Stadtrechte erst am 26. August 2003, also vor etwa 10 Jahren. Da ist es einsehbar, wenn Burgwedel heute durch die Gesamtheit der Gebäude, durch Straßen und Plätze den Eindruck einer Stadt noch nicht erzeugt. Sieben Ortsteile wurden nicht Stadt, weil sie organisch dicht zusammen gewachsen waren, sondern allein aus verwaltungstechnischen Gründen.
Heute kann man die einzelnen Ortsteile noch scharf differenzieren. Einen städtischen Stil gibt es nicht. Und eine Reihe von Bürgern findet es gut, wenn Burgwedel weiterhin „Dorf“ genannt wird und die „City“ Hannover die (teueren) Aufgaben mit Opernhaus, Theater und sonstigen Metropoleinrichtungen (auch für Burgwedeler) in der Region übernimmt.
Aber eine kleine Stadt hat nicht nur einen Stadtdirektor, sondern braucht nach zehn Jahren in Ansätzen wenigstens das, was Städte ausmacht. Und das sind nicht nur höhere Schulen und ein Krankenhaus, sondern daneben eine städtische Anmutung, ein städtisches Selbstverständnis, wenn wir schon kein Rathaus, sondern nur ein nicht mal modernes Verwaltungsgebäude besitzen. Die Kirche, traditionell Ortsmittelpunkt, ist hier in einem Winkel verborgen. Sie zeigt ihr altes Gesicht nur Pfad – Findern. Das Amtsgericht, historisch aufgefrischt, sieht wohlhabend und gemütlich aus wie ein alter, niedersächsischer Gutshof vom Lande, eben..
Eine kurzweilige Darstellung der Geschichte des früheren Jagsschlosses ist auf der Website des Amtsgerichtes nachzulesen:

http://www.amtsgericht-burgwedel.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=16328&article_id=64507&_psmand=88

Was fehlt Burgwedel also?
Es sind moderne Zeichen für eine Stadt, die sich am Jetzt orientiert und den Mut hat, eher ein wenig „zu groß“, als immer nur „zu klein“ zu bauen. Ein junger Unternehmer in der Ortsmitte mit seinem Geschäft rund ums Schlafen zeigt uns, wie man städtisch Signalwirkung erzeugt, signifikant in unserer Internetzeit auf sich aufmerksam machen kann.
Unternehmer, Anwohner, Hauseigentümer, Architekten , Bildende Künster und Werbeexperten sind aufgefordert, im Zeitgeist städtisch, also, mutig, zu designen. Dorf ist zwar gemütlich, aber das war gestern.
Wenn wir das von der nationalen Presse verliehene Attribut, wir seien ein „Nobelvorort“ von Hannover nicht wirklich ernst nehmen. „Hoppenstadt“ oder „Bettinastadt“ oder „Wulffstadt“ sind wir tatsächlich nicht, obwohl unser Stadtsiegel (zufällig) eine „Wolfs“ - angel im Wappen trägt…
Agenda: In die Ortsmitte gehören Stadthäuser und städtische Zeichen, die kommunizierbar sind. Aber im 21. Jahrhundert kaum schlichte, biedemeierliche, Dorfbrunnen…
Andere Meinung?
© Karl Wilhelm Goebel

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